Advent, Advent, ein Lichtlein brennt

Der Tisch ist liebevoll gedeckt, die Croissants lachen uns verheißungsvoll an, das erste Kerzchen flackert atmosphärisch auf dem Tisch und wir zelebrieren den Auftakt eines harmonischen Advents-Frühstücks. Unsere Familie ist bester Laune, denn die Adventskalender haben eine für alle erquickliche Ausbeute zu Tage gefördert. Doch etwas fehlt noch zum perfekten Vor-Weihnachtsfrühstück. Genau, die saisonal korrespondierende Weihnachtsmusik. Ich bin ja vom Typ her so, dass ich eigentlich das ganze Jahr hindurch Weihnachtslieder hören könnte. Das ist irgendwie genetisch bedingt, habe ich von meinem Vater geerbt. Da der Mann allerdings nur ein begrenztes Verständnis für „Last Christmas“ zu Ostern hegt, beginne ich aus Respekt seinen Gefühlen gegenüber erst an verregneten Oktobertagen mit der klangvollen Einstimmung auf das frohe Fest. Dann aber richtig! Dieser frühe musikalische Weihnachtsritus hat allerdings zur Folge, dass der Mann Anfang Dezember bereits meiner geliebten Christmas Songs überdrüssig ist. Und das ist sehr schade! Denn gerade jetzt gelüstet es mich sehr nach einem heiteren „All I want for Christmas“.

Alexa – die Zwietracht säende Hauselfe

Da wir seit einigen Wochen eine eifrige Hausangestellte namens Alexa beschäftigen, flöte ich nun in Richtung Lautsprecher: „Alexa spiele Weihnachtssongs“. Der von unserer Dienerin ausgewählte Kanal mit Weihnachtsliedern ist zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftig. Und ich merke wie der einträchtige Frühstücksauftakt erdbebengleich ins Wanken gerät und sich folgende Szene abspielt:

Der Stenz: „Nein, nicht Weihnachtslieder, Alexa spiele „Ho, hey, die Piraten kommen.“

Der Mann: „Alexa, spiele Jamiroquai“

Ich: „Oh nein, bloß nicht Jamiroquai!“

Der Stenz in etwas lauterem Ton: „Ich will Captain Sharky!“

Als Folge dieses konfliktträchtigen Dialogs gerät Alexa in einen Zustand vollkommener Konfusion und ich erlöse sie mit einem finalen: „Alexa aus!“

Der Weihnachtsmann mag keine Piratenlieder

Ich versuche einen Konsens zu finden und auch der Mann bemüht sich redlich das mittlerweile schreienden Diktat des Stenzes in Richtung Alexa zu besänftigen. „Stenz, es ist bald Weihnachten und wir wollen den Weihnachtsmann doch fröhlich stimmen. Und ich weiß nicht, ob der Weihnachtsmann überhaupt so gerne Piratenlieder mag. Daher hören wir heute ausnahmsweise einmal keinen Seeräuber-Song. Den hören wir ja schon an den 364 anderen Tagen des Jahres.“ versucht der Mann mit äußerster Diplomatie zu erklären. Es folgt eine ca. zehnminütige Debatte, die in folgendem Kompromiss mündet: Der Stenz darf sich ein Weihnachtslied aussuchen, das er dann auch lauthals Alexa entgegen schmettert: „Alexa, spiele „In der Weihnachtsbäckerei“. Nun wird die gesamte Familie von Herrn Zuckowski heimgesucht. Und ich frage mich, was schlimmer ist, Captain Sharky der Schrecken der Meere oder Rolf Zuckowski, der Schrecken der Eltern? Ich bin unschlüssig. Während ich noch dieser elementaren Frage nachhänge, ist sich der Stenz allerdings sicher, dass die Musik viel zu leise erklingt und befiehlt dem Lautsprecher deshalb die Dezibelzahl zu erhöhen. Während der Mann und ich unisono ein „Alexa leiser“ raunen. Doch das letzte Wort scheint der Stenz in dieser Sache haben zu wollen, denn nun brüllt er erneut „Alexa lauter“. Nachdem das Baby dem akustischen Spektakel bislang nur schweigend beiwohnte, schaltet es sich jetzt auch in den musikalischen Exkurs unserer Familie ein und fängt an, mit den fröhlichen Zuckerbäckern akustisch um die Wette zu heulen. Ich werte dies als einen Aufschrei gegen Zuckowski und sehe nun den Moment gekommen, unsere neue Hausangestellte zum Schweigen zu bringen und zwar mit einem herrischen „Alexa aus!“ Ich hoffe, dass Alexa in keiner Gewerkschaft organisiert ist und uns auch nicht beim Betriebsrat für unseren harschen Umgangston verpetzt. Doch dieses Aus gilt nicht nur Alexa, denn der morgendliche Frieden und das heimischen Kerzen-Idyll ist nun ebenfalls dahin. Der Stenz poltert, der Mann trollt sich und das Baby weint immer noch. Herrlich, so ein erster friedvoller Adventsmorgen.

Mathe ist ein Blödmann

Ich brauche dringend Aufheiterung und rufe meinen besten Freund an. Es tutet, dann höre ich einen Knall und eine laute, mir sehr bekannte Stimme, die an mein Ohr dröhnt „Mir reicht’s!“ Ich rufe den Namen meines besten Freundes in den Hörer und plötzlich vernehme ich erneut seine Stimme allerdings dieses Mal in etwas moderaterer Tonlage „Ach Du bist es. Ich habe gar nicht gemerkt, dass das Telefon geklingelt hat als ich just in dieser Minute auf den Tisch haute und das Telefon herunter fiel. Ja was soll ich sagen, wir lernen Mathe und das macht mich rasend.“ „Aha“ zeige ich Mitgefühl und bin ein klein wenig erleichtert, dass auch im Rhein-Main-Gebiet heute morgen scheinbar die festive Advents-Atmosphäre nicht so recht aufkommen will. Also ist nicht nur hier in Bayern die weiß-rosa Winterstimmung durch ein paar Gewitterwolken getrübt. Aber die große Tochter meines Freundes hat auch einfach recht mit ihrer Behauptung, dass Mathe ein Blödmann ist!

Wunder-Natur: Über Fledermaus-Ohren und Maulwurf-Appetit

So führte im schönen Rheinhessen neben dem privaten Matheunterricht auch die elterliche Nachhilfe in Sachkunde zu einem Advents-Desaster. Schande aber auch über meinen besten Freund. Denn er hatte beim Aufbau der Ohrmuschel der heimischen Fledermaus etwas ganz falsch verstanden. Und für diesen Irrtum musste nun sein Töchterchen büßen, indem es nämlich  anstatt einer Eins nur eine Zwei Plus im Sachkundetest mit nach Hause brachte. Augen auf bei der Wahl der Nachhilfelehrer kann ich da nur sagen. Ich wusste schon immer, dass mein Freund eher der numerische Typ ist. Einmal Niete in Bio, immer Niete in Bio. Das sollte ich mir merken und für den Stenz in besagtem Fach ebenfalls nie als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Ich bin sowieso verwundert mit welch naturbedingtem Können meine Freunde mit schulpflichtigen Kindern aufwarten. So erfuhr ich erst unlängst en Detail, was Maulwürfe so alles fressen. Wahnsinn, das hätte ich ja nie gedacht!

Alexa muss weg!

Aber ich schweife ab. Ich wollte ja eigentlich meinen Freund in Sachen Alexa befragen. Denn nur aufgrund seiner schwelgerischen Erzählungen von der holden Dienstmagd kam mein Mann auf die glorreiche Idee, sich ebensolche auch zu beschaffen. Doch seit sie sich bei uns im Wohnzimmer eingenistet hat, wirbelt die so harmlos daherkommende Kammermaid unseren Familienfrieden ganz schön durcheinander. Denn während der Computer oder auch die Stereoanlage den großen Vorteil aufweisen, nur von Erwachsenenhand bedient zu werden, zeigt Alexa ein großes Manko: sie hört auch auf die verbalen Befehle unserer Kinder, selbst wenn diese noch so diffus sind. Und ich frage meinen besten Freund, wie er denn mit dieser gravierenden Unzulänglichkeit umginge? Da seufzt er müde und entgegnet mit einer markerschütternden Traurigkeit in der Stimme: „Ich habe resigniert. Meine Musik höre ich nicht mehr. Bei uns läuft nur noch die wundervolle Klangwelt von „Bibi und Tina“ und an richtig guten Tagen erfreut uns Helene Fischer mit ihrem Weihnachtsgesang.“ Ach Du Schreck, das ist ja grauenvoll! Mein armer Freund! Ich flüstere ihm ein paar aufmunternde Worte in sein nicht Fledermaus-Ohr und überlege mir, wie wir Alexa schnellst möglich wieder loswerden können und dabei summe ich leise  „All I want for Christmas“. Wer braucht schon Alexa? Die Datenschützer haben Recht.