Besser Laus drauf als Wurm drin

Vergangene Woche bekam ich ein ganz besonderes Geschenk einer Freundin, die auch Mama ist. Dank diesem außergewöhnlichen Mitbringsel duftet nun unsere gesamte Familie wie eine kunterbunte Frühlingswiese, vor allem hinter den Ohren. Wir riechen sogar so betörend, dass mein Mann abends aufgrund des Wohlgeruches, der aus dem benachbarten Gitterbett zu ihm hinüberweht, nicht einschlafen kann. Auch die provisorisch gebaute Geruchs-Mauer aus Kopfkissen bringt nicht den gewünschten Erfolg beziehungsweise den ersehnten Schlaf.

Dabei stammt die wundersame Gabe nicht aus einer Parfümerie, sondern aus der heimischen Dorf-Apotheke. Auch trägt die freundliche Schenkung keinen besonders wohlklingenden Namen wie es sich eigentlich für einen solch berauschenden  Duft geziemt. Weder „Romance“, noch „Escape“ oder „Fleur“ wurde als Name gewählt. Wobei alle drei hervorragend passen würden, besonders „Escape“. Auch an der Schönheit des Flacons ließe sich noch das ein oder andere optimieren. Marketing ist alles! Da kann man sich schon mal ein Beispiel an Kenzo und Co nehmen. Aber leider erwiesen sich die Hersteller des geschenkten Duftes als absolute Dilettanten, marketingtechnisch gesehen. Und das ist schade, denn der Duft kann so einiges und ist multipel einsetzbar – selbst als Raum-Zerstäuber oder als der neue „bed and body mist“. Aber was nutzen die mannigfaltigsten Aromen, wenn die Verpackung eine Katastrophe und der Name an Plumpheit kaum zu überbieten ist: Bei „Lausschreck“ lockt man wahrlich niemanden hinter dem Ofen hervor.

Amsel-Ei, Hühner-Ei, Straußen-Ei? Gefahr ist in Verzug!

Aber von vorne: Der Stenz kam diese Woche mit den Worten vom Kindergarten nach Hause: „Mein Freund hat Eier. Deshalb wurde er heute schon ganz früh vom Kindergarten abgeholt. Mami, ich frage mich, wie groß sind seine Eier?“ Wäre die Situation nicht so seltsam, müsste ich laut lachen. Ja, wie groß sind sie wohl die Eier? Eher so Amsel-Ei-Größe oder ist absolute Gefahr in Verzug, weil sie monströse Straußen-Ei-Dimensionen aufweisen? „Die müssen schon groß sein, wenn sie so gefährlich sind“ denkt der Stenz meinen Gedanken laut zu Ende.

Läuse-Schleusen – die Bälleparadiese von morgen

Und tatsächlich werden momentan im Kindergarten schwere Geschütze aufgefahren, da ist das frühzeitige Abholen bei Nissenbefall nur eine der vielen zielgerichteten Maßnahmen. So könnte unser geliebter Kindergarten momentan problemlos als Setting des nächsten Blockbusters „Outbreak II“ dienen. Da werden von den wunderbaren Kindergärtnerinnen Läuse-Schilder zur Information aufgehängt – Vorsicht ist geboten! Kuschelecken täglich und akribisch gesäubert, süße Kisselchen und Schmusedecken kochend ausgewaschen und sogar Läuse-Schleusen eingerichtet. Ja, der werte Leser hat sich nicht verlesen: LÄUSE-SCHLEUSEN! Was ich persönlich absolut phantastisch finde. Welcher Kindergarten weist eine so bemerkenswerte Attraktion auf? Rutschen, Feuerwehrstangen, Klettergerüste und Schaukeln, all das ist gewöhnliche Kinder-Animation. Vergiss die Trampoline unzähliger Kindergärten. Läuse-Schleusen sind die neuen Bälleparadiese! Ganz nach dem Motto: Läuse-Schleusen am Morgen vertreiben Kummer und Sorgen.

Superman-Anzug: die beste Prophylaxe gegen Laus-Kontamination

Doch was wäre eine Schleuse ohne Schutzanzüge? Und tatsächlich läuft das Gros unserer Sprösslinge im Kindergarten momentan mit Spiderman-, Drachen-, Tiger- und Piraten-Ganzkörper-Kostümen umher, die Schutzanzüge der jecken Läuse-Zeit sozusagen. Dabei werden die bunten Hauben nur kurzzeitig zur morgendlichen Laus-Inspektion gelüpft. Denn seit ein paar Wochen besteht das Morgen-Ritual im Kindergarten nicht im heiteren Stuhlkreis, sondern in der trauten Eier- bzw. Nissen-Suche. „Wie werdet ihr denn untersucht?“ frage ich den Stenz neugierig. „Da kommt eine Ärztin und schaut mit einer Art „Eis-Stäbchen“ unsere Haare an“, erklärt er auskunftsfreudig. „Aha, mit einem Eis-Stäbchen also“, murmle ich und kratze mich gedankenverloren am Kopf.

„Lausschreck“ – Das „Drei Wetter-Taft“ für Mamis

Überhaupt juckt es mich, seit die Läuse-Epidemie um sich greift, überall. Obwohl wir bislang weder Eier noch sonstiges Krabbeltier auf uns beobachten konnten, benutzen wir Weidenrinden-Shampoo auf dem Kopf, Kokosnuss-Öl hinter den Ohren und das Lausschreck-Spray immer mal wieder für zwischendurch, großzügig verteilt wie in der Drei Wetter Taft Werbung. „Lausschreck – und die Frisur sitzt, auch nach fünfzehnstündigem Kampf gegen Nissen und greinende Vierjährige“. Außerdem haben wir die chemische Keule prophylaktisch im Schrank und ein weiteres silikonhaltiges, nicht pestizidgeschwängertes Fabrikat ist bereits von der Versand-Apotheke auf dem heilbringenden Weg zu uns. Wir sind also bestens gerüstet und bereit, den lästigen Parasiten mit probaten Mitteln entgegenzutreten. Falls sich denn die Eier dazu entschlössen, auch unser Haar zu überrollen.

Marienkäferchen flieg!

„Warum setzt ihr Euch keine Marienkäfer auf den Kopf?“ schlägt mir die Stimme meiner besten Freundin am Telefon quietschfidel entgegen, während ich gerade das Kokosnuss-Öl großflächig auf  Fräulein Lous Nacken verteile. „Think out of the box! Und ökologisch wäre es noch dazu,“ kichert sie mit einer Leichtigkeit, die nur Kinderlose in sich tragen. So scheint für meine Freundin, ein mit Läuse befallener Haushalt ähnlich weit entfernt wie das australische Sydney. „Aber in dieser symbiotischen Beziehung melken Marienkäfer doch Läuse.“ erinnere ich mich vage und schöpfe aus meinem Fundus rudimentärer Bio-Kenntnisse. „Stimmt, da hast Du Recht“ schallt es mir lachend entgegen. So habe ich tatsächlich ihre waghalsige Idee expertengleich in den Wind geschlagen, obwohl mir Marienkäfer als defensive Läuse-Maßnahme tatsächlich lieber wären als stinkendes Weidenrindenzeugs. Tja, wer den Schaden hat, muss für den Spott nicht sorgen. Und auch die Apothekerin, die ich zur bevorstehende Ungeziefer-Bedrohung befrage, meint nur lakonisch: „Machen Sie sich nicht verrückt, es gibt Schlimmeres als Läuse.“ Und da hat sie wohl recht. Zum Beispiel Würmer. Besser Laus drauf als Wurm drin. Aber das ist wieder eine andere Geschichte und zum Glück bislang nicht unsere!