Happy Birthday to you, Marmelade im Schuh, Aprikose in der Hose, Happy Birthday to you!

Kindergeburtstage haben ja unter Erwachsenen einen eher schlechten Ruf. Zu unrecht wie ich finde. Es ist Anfang Dezember und ich habe schon mindestens zwei Kilos zugenommen, obwohl ich noch keinerlei Vanille-Kipferl oder Weihnachtsknödel verspeist habe. Der Grund, das Baby und ich sind fast täglich auf Geburtstagsfeiern von Ein- oder Zweijährigen geladen. Herrlich. Nicht nur das Baby, sondern auch mein Bauch sind durch die Festivitäten in heiterer Stimmung. Und morgen stehen wieder süße Geburtstags-Muffins auf dem Speiseplan. Eingeladen wurde per Whats App und Gruppen-Chat. Man muss das ja noch ausnutzen, solange die Kinder so klein sind und keine, von Mama in stundenlanger Kleinstarbeit gebastelten Einladungs-Meisterwerke erwarten.

Norvirus trifft Kindergeburtstag

Daher finde ich diese Handy-Einladungen ganz großartig. Man weiß dank Chat, wer kommt und was die Gäste im Vorfeld so beschäftigt. Ich lese zum Beispiel am Vorabend des großen Festes von einer anderen Mama folgende Nachricht: „Unser Kleiner hat sich heute leider 37 Mal übergeben und ich bin noch nicht sicher, ob ich es morgen mit ihm zur B-Day-Party schaffe.“ Wahnsinn, ich bekomme schon beim Lesen der Nachricht einen unglaublichen Brechreiz und bin versucht zu schreiben: „Bitte, bitte bleib’ zu Hause!“ Um Himmels Willen, ich bin so hypochondrisch, dass ich meinem Sohn quasi ganzjährig die Haare mit stinkendem Weidenrinden-Shampoo einseife, damit er bloß keine Läuse bekommt. Höre ich, dass in Schleswig-Holstein ein Norovirus tobt, ziehe ich die zeitweise Quarantäne unserer gesamten Familie in Erwägung. Denn die Distanz zwischen Bayern und Schleswig-Holstein wird gemeinhin unterschätzt. Auch steht in fast jedem unserer Räumlichkeiten zu Hause eine performante Flasche Virugard – laut unserer Kinderärztin, das beste Desinfektionsmittel weit und breit. Dieses wird nach dem Kindergarten großflächig auf dem Stenz verteilt und auch das Baby darf bereits hin und wieder ein ausgiebiges Handbad in diesem Keim-Killer nehmen. So lebt die örtliche Apotheke von unseren monatlichen Virugard-Bestellungen, mit denen wir locker ein städtisches Krankenhaus bestücken könnten.

Jungfernfahrt mit Hindernissen

Und nun soll ich mit meinem Baby zu einem Kindergeburtstag, auf dem eventuell ein infizierter Brech-Durchfall-Erkrankter neben uns an der Torte schnabuliert? Danke, lieber nicht. Dem ein oder anderen mag meine Reaktion etwas übertrieben erscheinen, aber ich habe seit Jahren eine veritable Brech-Phobie. Diese liegt wohl darin begründet, dass mein erster Freund seine Prämiere eines Vollrausches in meinem Elternhaus zelebrierte. Ein weiterer Auslöser war mein bester Freund. Er begoss den Erwerb meines Führerscheins indem er ein wenig zu tief ins Glas blickte, sodass er mir,  der blutjungen Fahr-Anfängerin bei meiner zweiten offiziellen Autofahrt quasi von hinten ins Genick kübelte. Sei es wie es ist, ich habe ein schlimmes Brech-Trauma, das leider auch schon vom Stenz Besitz ergriffen hat. Denn im zarten Alter von drei Jahren erfuhr er bereits ähnliche Pein: Auf einem Kindergeburtstag brach ihm kurzerhand sein Sitznachbar auf den Arm – zur feierlichen Einstimmung auf die Tortenschlacht sozusagen. Der Stenz wollte den Kindergeburtstag für sich mit sofortiger Wirkung beenden und das Weite suchen. Sehr unhöflich, aber für mich absolut nachvollziehbar.

Käfer in Schockstarre

Mit Kindern ist man ja irgendwie immer so ein bisschen auf der Hut. Gestern zum Beispiel lagen wir alle im Bett und tobten wie verrückt. Dabei lieferten sich das Baby und der Stenz einen edlen Wettstreit, wer denn die lautesten „Pups-Geräusche“ auf meinem Bauch und an meinem Hals vollzöge. Beide Kinder waren fast ohnmächtig vor Lachen. Auch das Baby frohlockte und quietschte lauthals vor Vergnügen. So sehr sogar, dass es auf einmal fontänenartig den zuvor verspeisten Bananen-Brei auf meinen Bauch spuckte. Ein herrliches Gefühl, wenn das allgemeine Lachen unvermittelt in großes Gebrüll umschlägt. Das Baby schrie, der Stenz schrie und ich lag wie ein Käfer in Schockstarre auf dem Rücken mit Erbrochenem auf dem Bauch. Schade, dass just an diesem Abend der Mann, der bei uns für die Beseitigung eines solchen Schlamassels zuständig ist, nicht zugegen war. Doch gemeinsam mit dem Stenz, der in Windeseile mit seinem Schlafsack in Richtung Feuchttücher hüpfte, bewerkstelligten wir auch diese familiäre Herausforderung. Doch fortan bin ich bei Pups-Geräusch-Wettbewerben auf meinem Körper in Habachtstellung!

Kindermund tut Wahrheit kund

Auf dem Kindergeburtstag unseres kleinen Freundes war mir Fortuna glücklicherweise hold gesonnen:  Der Norovirus blieb fern. Und so war es ein wundervolles Wiegenfest mit reichlich Kuchen, Ballons und keinem einzigen weinenden Kind. Alle Gratulanten samt dem Mini-Gastgeber strahlten um die Wette und erfreuten sich an einem Glucose-Rausch. Das Baby und ich amüsierten uns ebenfalls prächtig. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt als der kleine Jubilar mir mit seinen Engelslöckchen entgegentrat, ganz eindeutig auf mich zeigte und mich wie folgt anredete: „Du, Oma!“ Plötzlich herrschte Stille. Ich schaute perplex, vielleicht auch ein klein wenig irritiert. Und da kam es wieder: „Du, Oma!“ Kein Zweifel, das Geburtstagskind verwechselte mich gerade mit seiner Großmutter. Ich weiß, dass ich seit ich Kinder habe, exponentiell gealtert bin, aber es so direkt und ohne Umschweife zu erfahren ist hart. Da half auch nicht der beschwichtigende Einwand der Geburtstagskind-Mama „Aber er liebt seine Oma über alles.“ So eine Aussage sitzt. Und auch der Stenz, dem ich von dieser wenig charmanten Anrede berichtete, entgegnete sehr ehrlich. „Mami, das war kein gutes Lob!“. Und da hat er wohl recht.

2 Antworten auf „Happy Birthday to you, Marmelade im Schuh, Aprikose in der Hose, Happy Birthday to you!“

  1. Kindermund tut nicht immer Wahrheit kund, weder beim Kübeln noch beim Trainieren nicht gesellschaftsfähiger Laute aus anderen Körperregionen. Aus der Perspektive eines Einjährigen sieht selbst eine 20Jährige wie eine Oma aus. Nicht nur Schönheit sondern auch Alter liegt immer im Auge des Betrachters. Und der statistische Basiseffekt beweist: alles ist relativ: ein Haar in der Suppe ist relativ viel, nur noch eins auf dem Haupte dagegen relativ wenig. Außerdem weiß man seit Heintje, dass Oma „für so lieb“ steht. Und das ist doch die Schönste und aufbauendste aller mit dem Begriff OMA einhergehende Assoziation .

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